Bollywood – Indiens Traumfabrik
Bereits im Jahr 1896 fand die erste Kinovorführung in Indien statt. Im Hotel „Watson“ in
Bombay, dem heutigen Mumbai, wird die Erfindung der Gebrüder Lumière von der indischen
Zeitung „Times of India“ mit den Worten „Wunderwerk des Jahrhunderts“ begrüßt. 17 Jahre
später 1913 wird der erste indische Spielfilm gedreht, der ein Thema aus der Mythologie
aufgreift, das ist der Beginn des Stummfilms, doch leider ist aus dieser Zeit kaum noch ein
Film auffindbar und es waren weit mehr als 1200 Stück.
1929 dann, wird in der Nähe von Bombay die Phrabhat Film Company gegründet. Die produzierten
Filme sind in der Marathi-Sprache. Ein Jahr später, 1930 wird die erste Fassung von „Devdas“
in der Bengali-Sprache produziert von der neu gegründeten New Theatres Ltd in Kalkutta.
Dann folgt das Geburtsjahr des Tonfilms in Indien. 1931 wird der Film „Aram Ala“ (Das Licht
der Welt) mit Ton produziert von Ardeshir Irani. Die ersten Musikfilme wurden inspiriert von
der Blütezeit der Sanskrit-Theater und den traditionellen Mythen. In dieser Zeit werden auch
politische Themen in den Filmen aufgegriffen, aufgrund der indischen Nationalbewegung. 1934
gründet der bedeutende Produzent Himansu Rai „Bombay Talkies“.
Dann beginnen die großen Filmgesellschaften an Bedeutung zu verlieren im Jahr 1940–1950, denn
die unabhängigen Produzenten gewinnen immer mehr Bedeutung. Man beginnt in Bombay Hollywood
nachzuahmen und das Indische Filmgeschäft beginnt die ersten Stars mit sehr hohen Gagen zu
engagieren.
Bollywood – ein Synonym für Bombay und Hollywood
Bollywood erhielt seinen Namen in den 1970er Jahren von den indischen Filmkritikern und war
im Bezug auf die Hindi-Unterhaltungsfilme entstanden, aufgrund seines kommerziellen
Charakters. Jedoch mögen die Inder und auch die Filmschaffenden diese Namen nicht und
kritisieren diesen, denn es wird nicht gern gesehen, das ihre Filmstudios mit den
westlichen, wie Hollywood, verglichen werden.
Um die Jahrtausendwende herum war die indische Filmindustrie leicht ins Schwanken geraten, da
das Satellitenfernsehen aufkam, sowie auch die Filmpiraterie ihr schwer zu schaffen machte.
Dann mit der Entstehung der Multiplex-Kinocenter begannen sich die verschiedensten
Genretypen herauszufiltern.
In jedem Film aus Bollywood lassen sich ein Schema sowie eine Erzählweise herausfiltern, doch
wer meint, dass es den „typischen“ Bollywoodfilm gibt, der irrt. Ein Film hat eine Länge von
ca. 2,5 Stunden bis zu 4 Stunden und es gibt immer eine Unterbrechung. Zwischen der
eigentlichen Handlung sind immer mehrere musikalische Tanzszenen eingefügt, die man mit dem
westlichen Musical vergleichen kann.
Bevor der Film in die Kinos kommt, wird die Musik schon zu Werbezwecken vorgestellt. So
sieht man diese als Musikvideo im Fernsehen, hört sie im Radio oder kann diese als CD
käuflich erwerben. Verkauft sich die Musik gut, dann ist man sicher, dass auch der Film gut
besucht wird.
Die Produzenten gehen davon aus, das, wenn eine Produktion erfolgreich sein soll, sie alle
neun Rasas (Stimmungen) enthalten, die da wären: Komik, Schrecken, Wut, Pathos, Friedvolles,
Liebe, Ekel, Wundersames und Heldentum.
Bollywood – eine Welt für sich
Ein Bollywoodfilm wird in den meisten Fällen in Hindi, der Amtssprache Indiens produziert und
zudem wird auch der Urdu-Wortschatz verwendet. Doch nicht nur in Mumbai (Bombay) werden
Filme produziert, sondern in ganz Indien, wo man ebenso große, jedoch weniger populäre
Filmindustrien findet. So unterscheidet man in Indien zwischen den Malayalam-Film, dem
Tamil-Film, dem Kannada-Film, dem Bengali-Film und dem Telugu-Film und so haben sich in
Anlehnung auf Bollywood die Filmindustrie-Namen wie: Kollywood, Mollywood, Tollywood und
andere entwickelt.
Jedoch befinden sich in Mumbai die größte Filmindustrie mit den namhaften Filmstudios wie
Filmcity, Filmalaya Studios oder die Yash Raj Studios sowie viel weitere bedeutende
Studios.
Indien ist die produktivste Filmindustrie der Welt und bringt pro Jahr ca. 900 Filme auf den
Markt und in die Kinos. Von diesen 900 Filmen sind rund 200 Stück von Bollywood, wovon viele
unter den Titel „ferner liefen“ laufen und einige werden Blockbuster. Diese schaffen dann
auch immer öfter den Weg über die Grenzen Indiens oder Asiens und werden auch in den USA,
Europa und Afrika gezeigt.
Zu jeder Zeit lassen sich bestimmte Methoden erkennen bei den Inhalten. So wurden in den
1970er die Curry-Western gedreht, dann Mitte 1990 kamen die Liebesfilme zum Vorschein und
dominierten. Sex und Küsse sin in den Bollywoodfilmen fast schon ein „Tabu“ und kommen
äußerst selten vor, wenn überhaupt, denn diese Szenen werden von den Medien immer wieder mit
Empörung aufgenommen.
Die besten Beispiele dafür sind „Fire – Wenn Liebe Feuer fängt“, Aamir Khans Film „Raja
Hindustani“ wo er seine Partnerin Karisma Kapoor küsst und „Dirty Picture“ aus dem Jahr
2011. Zwar ist für die Filmemacher Bollywoods die staatliche Zensur kein Problem, aber die
Selbstzensur, denn schließlich möchte man den Film verkaufen. Damit sich ein Film rentiert,
ist es wichtig das die Leute ins Kino gehen und das mit der ganzen Familie und möglichst
mehrmals. Das ist auch der Grund, warum die meisten der produzierten Filme sehr
familientauglich sind.
Die Menschen in Indien gehen ins Kino, um den Alltag einmal zu vergessen. Bollywood, das ist
Glanz, Prächtigkeit und Sorglosigkeit. Aus diesem Grund ist ein Kinobesuch auch recht
günstig, sodass auch die untersten Schichten sich hin und wieder einen Kinobesuch leisten
können.
Die Sänger Bollywoods
Sieht man einen Bollywood Film, und die Musik-Sequenz ist zu sehen, dann ist es nicht der
Schauspieler, der singt, sondern ein Sänger. Die meisten Stars haben keine Stimme dafür,
wobei beispielsweise Amitabh Bachchan eine Ausnahme bildet, denn der Star singt selbst.
Jeder Film wird nachsynchonisiert von Gesang und Sprache, sodass alles wie gegossen wirkt,
wenn es um die Tanz- und Gesangsszenen geht.
Bollywood und die Kritiker
Fragt man eine Frau auf der Straße, ob sie ihre Dunkelhäutigkeit eintauschen möchte, gegen
einen Europäischen hellten Teint, dann wird diese Frage von den meisten mit einem „Ja“
beantwortet. So ist es auch in Bollywoodfilmen. Den Studios wird von den Kritikern
unterstellt, dass sie diskriminierend handeln, da sie die dunkelhäutigen Inder
benachteiligen würden. Angeblich würde von den Filmemachern ein indisches Schönheitsideal
gefördert. Hellhäutig gilt als „westlich“ und zudem „erhaben“ und dagegen würde die
Dunkelhäutigkeit als minderwertig betrachtet und zudem ausgegrenzt. Dieses gebildete
Schönheitsideal würde, laut der Kritiker, dazu führen, dass die teuren
Hautaufhellungsprodukte vermarkten würde.
Weiterhin ist sehr auffällig, dass in den Filmen kaum noch die armen Inder in Erscheinung
treten und die Figuren, um die es sich handelt, in den meisten Fällen der höheren Mittel-
oder Oberschicht angehören. Eine Ausnahme bildet der Film „Billu Barber“, der von einem
armen Barbier handelt, der seinem Freund dazu verhalf, ein bedeutender Filmstar zu werden.
Der Tanz in Bollywood
Bollywood-Tanz, das sind Modetänze sowie Partytänze, die sich oftmals an die Tanzeinlagen der
Filme anlehnen. Der Tanz in Bollywood ist kein einheitlicher Tanzstil, sondern vermischt die
verschiedensten Stile miteinander. Zu Anfang waren die klassischen und verschiedenen
Folklore Tänze diejenigen, die den Film beherrschten. Dann wurden zunehmend auch die
westlichen Einflüsse in die Choreografien eingearbeitet. So wurde in den 1960er Jahren
beispielsweise „getwistet und geschüttelt“, wobei man erwähnen muss, dass die indische
Version oft recht eigenwillig war im Vergleich zum westlichen Stil. In den heutigen modernen
Filmen erkennt man Tanzstile wie Hip-Hop oder Discotanz und diese nehmen auch einen immer
größer werdenden Stellenwert ein.
Die indischen Filme in Deutschland
Der indische Film hat schon lange den Weg nach Deutschland gefunden. So wurden bereits in den
1950er Jahren Hindi-Filme in den Kinos der DDR gezeigt und dann in den 1990er Jahren auch in
Deutschland. Jedoch waren diese Vorstellungen oftmals nur den Indern vorbehalten, die in
Deutschland lebten. Dann gab es vereinzelt Vorführungen, die gezielt auf nicht-indische
Zuschauer initiiert wurden. Das geschah durch die „Freunde der deutschen Kinemathek“, heute
„Arsenal Berlin“. Sie tourten mit 2001 und 2002 Bollywoodfilmen durch Deutschland und
führten diese auf.
Im Juni 2002 wurde der Oscar normierte Historienepos „Lagaan“ auf einer Kinotour gezeigt,
allerdings nur mit englischen Untertiteln und im folgenden Jahr dann der offizielle
Kinostart von „Kabhi Kushi Kabhie Gham“, der ein indischer Blockbuster war. Dieser Film war
mit deutschen Untertiteln versehen und die Resonanz der Presse war beachtlich. Seit diesem
Zeitpunkt werden in regelmäßigen Abständen in den deutschen Kinos die indischen Filme
aufgeführt.
Das war der Start für Bollywood im deutschen Fernsehen. Die erste Ausstrahlung sowie die
erste DVD-Veröffentlichung in Deutscher Sprache war „Kabhi Khushi Kabhie Gham – In guten wie
in schweren Tagen“ mit dem Star-Aufgebot, Amitabh Bachchan, Jaya Bachcah, Kajol, Hrithik
Roshan, Kareena Kapoor, Rani Mukherji und ShaRukh Khan.
Zudem touren seit 2007 auch zwei große Bühnenshows durch Deutschland, die im Stil der Filme
aufgebaut sind und sich auch der Mode sowie der Musik aus Indien bedienen.
Die erste Show ist „Bollywood – The Show“, wo der Handlungsrahmen von der Biografie der in
Indien bekannten Choreografin Vaibhavi Merchant geliefert wird. Und die Zweite wird von
Gashash Deshe produziert und trägt den Namen „Bharati“.